Patienten suchen zunehmend Rat bei "Dr. Google"
Die Hälfte der deutschen Internetnutzer informiert sich mindestens einmal im Monat im Netz über Gesundheitsthemen. 16 Prozent tun dies sogar mindestens einmal pro Woche, wie eine am Freitag veröffentlichte Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt. Patienten wollen mit Hilfe von "Dr. Google" vor allem ärztliche Empfehlungen überprüfen und sich über Behandlungsalternativen informieren. Zugleich suchen sie im Netz Trost und den Austausch mit anderen Menschen.
Das Meinungsforschungsinstitut Kantar Emnid befragte im vergangenen Oktober rund 1070 Menschen zwischen 18 und 80 Jahren. Etwa die Hälfte der Patienten (52 Prozent), die das Internet bei Gesundheitsfragen nutzen, sind demnach mit dem Ergebnis zufrieden. 44 Prozent sind zumindest teilweise zufrieden. Nur drei Prozent geben an, sie seien selten zufrieden mit der Recherche.
Um Gesundheitsinformationen zu bekommen, nutzen Patienten in erster Linie verschiedene Online-Lexika. Mit einigem Abstand folgen Internetseiten der Krankenkassen und Gesundheitsportale wie NetDoktor. Deutlich weniger gefragt sind Webseiten unabhängiger Patienten- oder Selbsthilfeorganisationen und medizinische Online-Beratungen wie krebsinformationsdienst.de.
Knapp die Hälfte der Befragten sieht die Webrecherche als gute Ergänzung zu den Aussagen des eigenen Arztes. Zugleich räumen aber fast zwei Drittel ein, vertrauenswürdige Informationen seien schwer zu erkennen. Jeder Zweite meint generell, dass die Fülle an Gesundheitsinfos im Netz Patienten verunsicherten und verwirrten.
"Um Patienten vor gezielten Falschinformationen zu schützen, muss im Sinne einer Marktwächterfunktion konsequent dagegen vorgegangen werden", forderte Brigitte Mohn, Vorstand der Bertelsmann Stiftung. Bislang gebe es dafür wenig Konzepte und Verantwortlichkeiten.
Die Ärzte selbst stehen der Internetrecherche ihrer Patienten oft skeptisch gegenüber, wie auch diese Studie bestätigt. Nur 20 Prozent der Mediziner ermutigen demnach Patienten zur Informationssuche im Internet - 14 Prozent raten sogar davon ab. Immerhin 40 Prozent verweisen auf gute Informationsquellen.
Viele Patienten scheuen sich daher, ihre eigenen Erkenntnisse zu offenbaren. 30 Prozent verschweigen ihrem Arzt einem Besuch von "Dr. Google". Ein Viertel fürchtet sogar, der Arzt könnte sich darüber ärgern und sie als schwierige Patienten einstufen.
Wenn Patienten sich zum Beispiel von ihrem behandelnden Arzt ungenügend informiert und auch emotional im Stich gelassen fühlen, dann kann das der Studie zufolge durchaus durch das Internet kompensiert werden. Insbesondere nach der Diagnose einer schweren Erkrankung ziehen Patienten, das Netz zu Rate und suchen dort Halt und Hilfe, um den Befund zu verarbeiten, wie 36 zusätzliche Tiefeninterviews des Rheingold-Instituts zeigen. "Das Netz wiegt Defizite der realen Ärzte auf, die sich zu wenig Zeit nehmen (können) oder keine ausreichenden kommunikativen Kompetenzen haben", heißt es in der Studie.
(L. Andersson--BTZ)