
Defensiv starke Bayern trotz Mythos Anfield Rod - Auch Barca mit Nullnummer

Bayern München hat sich vom Mythos Anfield Road nicht einschüchtern lassen. Nach einem couragierten Achtelfinal-Hinspiel und einem torlosen Remis beim FC Liverpool besitzt der deutsche Fußball-Rekordmeister in der Champions League gute Chancen, zum neunten Mal in Folge ins Viertelfinale der Königsklasse einzuziehen.
Vor der gleichen Ausgangslage stehen der FC Barcelona und der deutsche Nationaltorhüter Marc-Andre ter Stegen: Die Katalanen kamen bei Olympique Lyon allerdings als Favorit nicht über ein torloses Remis hinaus und müssen im Rückspiel im heimischen Nou Camp (13. März) einen Zahn zulegen, um zum zwölften Mal in Folge die Runde der besten Acht in der Königsklasse zu erreichen.
München gelang in einem attraktiven Kampfspiel im englischem Dauerregen mit vereinten Kräften und großer Leidenschaft häufig, die gefürchtete Reds-Angriffsmaschine mit Mohamed Salah, Sadio Mane und Roberto Firmino auszubremsen. Von der Atmosphäre im ausverkauften Stadion an der berühmten Anfield Road ließen sich die Münchner nicht aus der Fassung bringen, zeigten sich im mit Spannung erwarteten Teil eins des Showdowns defensiv deutlich verbessert und haben nun für das Rückspiel (ebenfalls 13. März) in München einen Vorteil.
Verhältnismäßig selten kam auch das herausragende Liverpooler Tempo zur Geltung. Selbst wurde der FC Bayern beim ersten Anfield-Auftritt seit 38 Jahren immer wieder gefährlich, es mangelte aber lange am letzten Quäntchen Gier im Abschluss und im zweiten Abschnitt auch an der absoluten Risikobereitschaft. Daher reichte es nicht zum ersten Sieg einer deutschen Mannschaft bei den Reds, und der Ausfall von Liverpools Abwehrchef Virgil van Dijk fiel nicht zu sehr ins Gewicht.
Gut für den FC Bayern war, dass der zuletzt am Sprunggelenk verletzte Franzose Kingsley Coman fit genug wurde, schlecht hingegen, dass Leon Goretzka wegen einer Sehnenreizung am rechten Knöchel passen musste.
"Wir gehen kein Risiko ein", sagte Münchens Trainer Niko Kovac bei Sky zu Goretzka. Über Coman meinte er: "Er spürt immer noch eine Kleinigkeit. Er ist nicht 100-prozentig schmerzfrei, aber so, dass er es ertragen kann." Javi Martinez rutschte für Goretzka ins Team und sollte der Stabiltätsanker sein.
In der Anfangsphase erfüllten sich die Hoffnungen der Fans auf ein Spektakel zunächst allerdings noch nicht. Die Münchner versuchten, mit längeren Ballbesitzphasen auch die Emotionen im legendären Fußball-Tempel herunterzukühlen. Es gelang ihnen überzeugend, denn Liverpool, das bis zum Kracher gegen Bayern in dieser Saison nur ein Pflichtspiel zu Hause verlor, hatte Anlaufschwierigkeiten.
Von den 140 Prozent, die das Team laut Klopp auf den Platz bringen könnte, war zunächst nichts zu sehen. Das gefürchtete Pressing versandete, der FC Bayern kontrollierte das Geschehen, die Reds reagierten oftmals nur. Die erste Möglichkeit hatte dennoch Salah (12.) nach einem Steilpass. Aber die Bayern antworteten sofort: LFC-Keeper Allison Becker wehrte nur mit Glück nach einer Flanke von Serge Gnabry ab (13.).
Der Plan der Bayern ging bis dahin auf, auch defensiv stand die Kovac-Elf weitgehend stabil, weil die Mannschaft anders als zuletzt geschlossen nach hinten arbeitete. Ein ungeschicktes Foul beging dann jedoch Joshua Kimmich (28.), sah Gelb und fehlt damit gesperrt im Rückspiel in drei Wochen. In der Folge wurde Liverpool etwas stärker, und Mane (32.) hatte prompt die Führung auf dem Fuß. Die Bayern erlaubten sich in dieser Phase zu viele Ballverluste, es wurde zeitweise haarig.
Der zweite Durchgang war dem ersten zunächst sehr ähnlich. Beide Mannschaften taten sich schwer, zu ganz klaren Gelegenheit zu kommen. Nach einer Rettungsaktion von Niklas Süle (54.) hatten die Bayern einmal großes Glück. Gnabry (59.) probierte es vergeblich aus der Distanz.
Barcelona, das auf Winter-Neuzugang Kevin-Prince Boateng verzichtet hatte, konnten seiner Favoritenrolle in Frankreich nur selten gerecht werden. Dabei hatte Trainer Ernesto Valverde alle seine Stars aufgeboten und damit dokumentiert, dass man den vermeintlichen Außenseiter nicht auf die leichte Schulter nimmt.
Der viermalige Champions-League-Sieger setzte Lyon zu Beginn mächtig unter Druck. Superstar Lionel Messi sorgte mit einem Freistoß in der fünften Minute frühzeitig für Gefahr. Nur zwei Minuten später vergab der Ex-Dortmunder Ousmane Dembele eine weitere gute Möglichkeit der Gäste.
In der zehnten Minute musste ter Stegen dann sein ganzes Können aufbieten, als er nach einem präzisen Schuss von Martin Terrier den Ball an die Latte lenkte. Nach dieser turbulenten Anfangsphase tat sich vor beiden Strafräumen bis zur 45. Minute nicht mehr viel.
Auch im zweiten Durchgang hielt Lyon gut dagegen. Das Team von Coach Bruno Genesio, das in Frankreichs Meisterschaft dem souveränen Tabellenführer Paris St. Germain die bislang einzige Saisonniederlage zugefügt hat, stand in der Defensive ausgezeichnet und war bei Kontern selbst gefährlich.
(O. Karlsson--BTZ)