
Brasilianischer Minister will mit Drogengangs über Anti-Corona-Kampf sprechen

Der brasilianische Gesundheitsminister Luiz Henrique Mandetta will im Kampf gegen das Coronavirus den Dialog mit den in Armenvierteln herrschenden Drogengangs suchen. In diesen Vierteln sei der Staat "oft abwesend", begründete Mandetta am Mittwoch in einer Pressekonferenz in Brasília sein Vorhaben. Dort hätten die Drogengangs und paramilitärische Milizen das Sagen. Deshalb müsse mit diesen Gruppierungen über eine Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Pandemie gesprochen werden.
Laut einem Zensus aus dem Jahr 2010 leben in Brasilien rund 11,5 Millionen Menschen in den als Favelas bezeichneten Armenvierteln. Eine große Welle von Coronavirus-Infektionen in den Favelas wurde zwar bislang nicht festgestellt. Doch gibt es große Sorgen, dass sich das Virus wegen der oft schlechten hygienischen Bedingungen und der beengten Wohnverhältnisse in diesen Vierteln dort rasch ausbreiten könnte.
Am vergangenen Wochenende war der erste Infektionsfall in Favela Cidade de Deus in Rio de Janeiro bekannt geworden, die durch den gleichnamigen Kinofilm aus dem Jahr 2002 weltbekannt wurde. Insgesamt wurden in Brasilien bis Mittwoch rund 16.000 Corona-Infektionsfälle und 800 Todesopfer gezählt.
Präsident Jair Bolsonaro hatte in den ersten Wochen nach Ausbreitung des Virus nach Brasilien wiederholt eine "Hysterie" über den Erreger der Lungenkrankheit Covid-19 angeprangert. Auch zog er den Sinn der von zahlreichen brasilianischen Regional- und Kommunalbehörden erlassenen Restriktionen des öffentlichen Lebens in Zweifel. Zuletzt vollzog Bolsonaro jedoch eine gewisse Kehrtwende und nannte die Pandemie die "größte Herausforderung unserer Generation".
Gesundheitsminister Mandetta ist im Gegensatz zum Präsidenten ein strikter Befürworter von Quarantänemaßnahmen und Ausgangsbeschränkungen.
(D. Wassiljew--BTZ)