
Flächendeckende Schulschließungen in Deutschland werden wahrscheinlicher

Die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus schränkt das öffentliche Leben in Deutschland immer mehr ein. Bayern will am Freitag über die Schließung von Schulen und Kitas entscheiden, wie Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Donnerstagabend sagte. "Viele Länder überlegen Gleiches." Bei einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vereinbarten die Ministerpräsidenten außerdem, dass alle nicht notwendigen Veranstaltungen unabhängig von der Teilnehmerzahl abgesagt werden sollen.
Bayern werde am Freitag endgültig festlegen, "wann wir die Schulen schließen jetzt vor Ostern und auch die Kitas", sagte Söder nach dem mehrstündigen Treffen im Bundeskanzleramt in Berlin. Dies solle einhergehen "mit entsprechenden Angeboten dann insbesondere für die kritische Infrastruktur", sodass etwa medizinisches Personal weiter arbeiten könne und nicht zur Kinderbetreuung zu Hause bleiben müsse.
Viele andere Bundesländer planten ähnliche Maßnahmen, sagte Söder. Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sagte, es müsse sichergestellt werden, "dass einerseits der Betrieb, wenn es geht, reduziert wird, aber dass auf der anderen Seite auch sichergestellt ist, dass diejenigen, die wir in den Krankenhäusern, in den wichtigen Versorgungseinrichtungen, im Staatsdienst brauchen, dass die ihre Kinderbetreuung auch organisiert bekommen." Zuvor hatten am Nachmittag auch mehrere Teilnehmer der Kultusministerkonferenz flächendeckende Schulschließungen nicht mehr ausgeschlossen.
Merkel sagte auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Söder und Tschentscher, in Bundesländern "mit sich abzeichnendem dynamischen Ausbruchsgeschehen", sei die vorübergehende Schließung von Kitas und Schulen, "etwa durch ein verlängerndes Vorziehen der Osterferien, eine Option". Zwar sei die Lage in verschiedenen Bundesländern unterschiedlich. "Aber sukzessive müssen wir ja damit rechnen, dass dieses Infektionsgeschehen vor keiner Region abschließend Halt macht", betonte Merkel.
Die Runde habe außerdem einen "Verzicht auf alle nicht notwendigen Veranstaltungen unter 1000 Teilnehmern" verabredet, sagte die Kanzlerin. Dies sei "ein Aufruf an alle." Zuvor waren vielerorts schon Veranstaltungen ab 1000 Teilnehmern untersagt worden. Nun gebe es keine Untergrenze mehr, sagte Merkel.
Es solle generell, "wo immer es möglich ist, auf Sozialkontakte verzichtet werden". Dabei müsse zugleich "die Funktionsfähigkeit des Staates gewahrt werden und auch die Kernbereiche der Wirtschaft müssen weiter funktionieren", sagte Merkel. Tschentscher ergänzte: "Im Grunde muss jeder persönliche Kontakt so weit wie möglich vermieden werden in den nächsten Wochen."
Söder sagte zu den Veranstaltungen, es solle abgesagt oder verschoben werden, "was nicht dringend notwendig ist". Er hob den Ernst der Lage hervor: "Durch Corona ist die Welt eine andere." Es handele sich um eine "echte Bewährungsprobe" für das ganze Land. Die Lage verschlechtere sich täglich. "Wir brauchen keine Panik, aber wir brauchen entschlossenes Handeln."
Merkel kündigte außerdem an, Deutschland werde "das, was notwendig ist, tun, um seiner Wirtschaft zu helfen" und Arbeitsplätze zu sichern. Es sei vorauszusehen, dass das Coronavirus "gravierende Spuren in unserem Wirtschaftsgeschehen hinterlässt". Auch Söder versprach: "Wir werden alles tun, was notwendig ist, um wirtschaftliche Stabilität zu erhalten."
Seinen Worten zufolge vereinbarte die Runde im Kanzleramt zudem eine finanziellen "Schutzschirm für Krankenhäuser". Die Struktur müsse so umgestellt werden, "dass Intensivbetten zur Verfügung stehen." Dazu sollten etwa medizinisch nicht akut notwendige Operationen verschoben werden.
(K. Berger--BTZ)