
Human Rights Watch kritisiert Zustände auf Schiff für Flüchtlinge vor Lesbos

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat scharfe Kritik an der Unterbringung von mehr als 450 Flüchtlingen auf einem griechischen Marineschiff vor der Insel Lesbos geübt. Die Entscheidung, die Menschen dort festzuhalten und ihnen die Beantragung eines Asylantrags zu verweigern, sei ein "klarer Verstoß gegen europäisches und internationales Recht" und komme einer "willkürlichen Freiheitsberaubung" gleich, erklärte die Organisation am Dienstag.
Der HRW-Direktor für Flüchtlingsrechte, Bill Frelick, forderte in der Erklärung, Athen müsse die "unbarmherzigen Maßnahmen sofort umkehren, die Menschen unter sicheren und angemessenen Bedingungen aufnehmen und ihnen die Möglichkeit geben, Asylanträge zu stellen". Unter den Flüchtlingen an Bord befänden sich viele Kinder und Frauen. Einige der Frauen seien zudem schwanger, hieß es.
Die Organisation berief sich auf einen syrischen Mann, der sich auf dem Schiff befinde und Human Rights Watch von unmenschlichen Zuständen an Bord berichtet habe. Seinen Schilderungen zufolge sollen Kinder "nicht genügend Nahrung und Kleidung" erhalten, es gebe "keine Duschen und keine Seife" und "nur drei Toiletten für 451 Menschen" an Bord. Fünf neue Toiletten seien anschließend installiert worden, erklärte die Organisation weiter.
Die geflüchteten Menschen, die zuvor auf der Ägäis-Insel ankamen, waren am vergangenen Mittwoch auf dem Schiff untergebracht worden. Sie sollten laut griechischer Regierung dort ausharren, bis neue Unterkünfte auf dem Festland bereitstünden. Das Schiff habe eigentlich nur Kapazität für rund 400 Menschen, teilten die Behörden mit.
Eine Vertreterin des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) wies darauf hin, dass Militärschiffe normalerweise nicht für die Unterbringung von Menschen ausgestattet seien.
Die Insel Lesbos ist seit Langem ein zentraler Schauplatz der Flüchtlingskrise in Europa. Im für weniger als 3000 Menschen ausgelegten Flüchtlingslager Moria leben mehr als 19.000 Menschen unter katastrophalen Bedingungen.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte Ende Februar nach der Eskalation der Lage in der nordsyrischen Provinz Idlib die Grenzen zur EU für geöffnet erklärt. Dies sorgte für einen starken Flüchtlingsandrang an der türkisch-griechischen Grenze. Auf Lesbos und anderen Ägäis-Inseln kamen seither nach griechischen Angaben mehr als 1700 Menschen an.
(C. Fournier--BTZ)