Jamaika - nur der eiskalte Wille zur Macht eint die Beteiligten
Es ist das Wochenende der Entscheidung: Bis Sonntagabend wollen die Jamaika-Unterhändler endgültig festlegen, ob sie sich eine Koalition vorstellen können oder nicht. Spitzenvertreter aller vier Parteien gaben sich am Samstagmorgen zurückhaltend. In der CDU-Parteizentrale in Berlin berieten die Unterhändler zunächst über das Streitthema Klima, ehe am Mittag die womöglich vorentscheidende Debatte über die besonders umstrittene Flüchtlingspolitik begann.
CSU-Chef Horst Seehofer sagte kurz vor Beginn der Sitzung: "Es wird ein hartes Stück Arbeit, weil die besonders wichtigen Themen auf der Tagesordnung stehen." Deswegen erwarte er für den Samstagabend "schon eine bessere Einschätzung", ob ein Jamaika-Bündnis funktionieren könne oder nicht. Entschieden werde aber erst am Sonntag.
Eine erneute Verlängerung der Sondierungen schlossen Union und FDP aus. "Wir alle sind der Überzeugung, dass am Sonntag jetzt eine Entscheidung fallen muss", sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU). Auch FDP-Chef Christian Lindner pochte wie schon zuvor sein Parteivize Wolfgang Kubicki auf ein pünktliches Ende der Sondierungen. "Sonntagabend 18 Uhr ist hier vorbei", sagte Lindner.
Die Jamaika-Verhandlungen waren nach einem Misserfolg in der Nacht zu Freitag in die Verlängerung gegangen. Die Unterhändler vereinbarten einen Zeitplan bis Sonntagabend. Demnach war am Samstag nach den Themen Klima und Flüchtlinge ab 14 Uhr eine Verhandlungspause für parteiinterne Rücksprachen angesetzt. Ab 16 Uhr sollte dann weiterverhandelt werden - zunächst über Wirtschaft und Verkehr, dann über Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Am Sonntag soll es dann unter anderem noch einmal um die Finanzen gehen.
Spitzenvertreter aller Parteien riefen sich gegenseitig erneut zu Kompromissen auf. Diese dürften aber "jeweils nicht die Identität des einzelnen verraten", mahnte Grünen-Verhandlungsführerin Katrin Göring-Eckardt. Ihre Parteikollegin Claudia Roth fügte hinzu: "Man muss es eben auch wollen". Die Grünen hatten insbesondere der CSU in den vergangenen Tagen vorgeworfen, im Grunde ein Jamaika-Bündnis abzulehnen. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt bekräftigte seinerseits, "dass der Wille von allen groß ist".
Er machte zugleich aber den Grünen schwere Vorwürfe wegen ihres Vorgehens in den Gesprächen. "Das wird es ganz schwierig machen, wenn man in einer Schlussrunde nochmal schon abgeräumte Forderungen wieder auf den Tisch legt", kritisierte er. CSU und Grüne hatten sich insbesondere in der Nacht zu Freitag bereits öffentlich kritisiert. Dobrindt bezog sich mit seinen Vorwürfen auf das Vorgehen der Grünen in der Verkehrspolitik und deren Forderung nach einem konkreten Aus für den Verbrennungsmotor.
Zusätzlich zu den seit Wochen hochstrittigen Themen Klimaschutz, Flüchtlinge, Finanzen und Verkehr will die FDP auch das Thema Bildung prominent am Wochenende besprechen. Dies sei für seine Partei "eine ganz wichtige Frage", sagte Lindner. Er pochte insbesondere auf die von der FDP schon lange geforderte Abschaffung des Kooperationsverbots, was von der Union und insbesondere von der CSU vehement abgelehnt wird.
Angesichts der aktuell schwierigen Lage ermahnte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Jamaika-Parteien, Neuwahlen zu vermeiden. Er erwarte, "dass sich alle Seiten ihrer Verantwortung bewusst sind. Und mit dieser Verantwortung umzugehen heißt auch, den Auftrag nicht an die Wähler zurückzugeben", sagte er in einem Interview.
(F. Dumont--BTZ)