Italiens Regierung droht an Streit um Hochgeschwindigkeitstrasse zu zerbrechen
Italiens populistische Regierung droht am Streit um ein vor knapp 20 Jahren beschlossenes Infrastrukturprojekt zu zerbrechen. Vize-Regierungschef und Innenminister Matteo Salvini von der ultrarechten Lega-Partei kündigte am Freitag an, die Ausschreibungen für die Hochgeschwindigkeitseisenbahntrasse zwischen dem norditalienischen Turin und der französischen Stadt Lyon würden am Montag veröffentlicht. Sein Kollege Luigi Di Maio von der Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) warf Salvini daraufhin eine Verletzung des Koalitionsvertrags vor und nannte sein Verhalten "unverantwortlich".
Der wichtigste Teil des Projekts ist ein rund 58 Kilometer langer Tunnel unterhalb der Alpen, der geschätzte 8,6 Milliarden Euro kosten soll und bereits zum Teil gegraben wurde. Die Hochgeschwindigkeitsverbindung würde die Reisezeit zwischen Turin und Lyon auf zwei Stunden halbieren. Die Reise von Mailand nach Paris würde nur noch vier anstatt sieben Stunden dauern.
Befürworter des Projekts führen zudem an, dass durch die Verbindung eine Million Lastwagen von den Straßen geholt werden könnten, mit beträchtlichen Einsparungen an Treibhausgas-Emissionen. Das Projekt wurde vor knapp 20 Jahren gestartet und soll bis 2025 fertiggestellt sein.
Di Maio hält die Trasse für überflüssig und will das Projekt stoppen. Auch Regierungschef Giuseppe Conte glaubt nicht, dass Italien die Verbindung braucht. Eine umstrittene Regierungsstudie berechnete zudem massive Verluste durch den Tunnel.
Die Zugverbindung ist zu einem Zankapfel zwischen den Regierungspartnern geworden. Bisher hatten beide Seiten das Thema zunächst klein gehalten, um eine Regierungskrise zu vermeiden. Steigende Umfragewerte der Lega-Partei und sinkende Werte der M5S sorgen jedoch für eine Erschütterung des Machtgefüges. Viele Beobachter glauben, die Koalition werde sich noch bis zur Europawahl im Mai durchschleppen. Bei einem Erfolg könnte Salvini im Anschluss Neuwahlen anstreben.
(U. Schmidt--BTZ)