
EU-Kommission droht Polen mit neuem Verfahren wegen Drucks auf Justiz

Die EU-Kommission hat Polen wegen Einflussnahme auf die Justiz mit einem weiteren Vertragsverletzungsverfahren gedroht. Polnische Richter würden immer wieder disziplinarisch bestraft, wenn sie ihr Recht ausübten, die Meinung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu einem Fall einzuholen, sagte Vize-Kommissionspräsident Frans Timmermans am Dienstag in Brüssel. Dies sei inzwischen ein "strukturelles" Problem. "Dann muss die Kommission natürlich handeln."
Die EU-Europaminister berieten am Dienstag erneut über die Lage des Rechtsstaats in Polen. Dort habe sich die Lage "traurigerweise nicht viel verändert - und manche Dinge sind sogar schlimmer geworden", sagte Timmermans. Niemand dürfe das Recht der Richter beschneiden, sich an den Europäischen Gerichtshof zu wenden. Denn polnische Richter seien immer auch "europäische Richter", da sie EU-Recht auslegen müssten.
Bei Zweifeln zur europäische Rechtslage haben nationale Gerichte in den Mitgliedstaaten normalerweise die Möglichkeit, Vorabentscheidungen des EuGH zu beantragen. Dies kann von nationalen Richtern auch dazu genutzt werden, die Übereinstimmung nationaler Gesetze oder Verwaltungsakte mit EU-Recht überprüfen zu lassen.
Die EU-Kommission geht seit Anfang 2016 gegen mehrere Justizreformen der nationalkonservativen Regierung in Warschau vor. Sie wirft ihr vor, die Unabhängigkeit der Justiz zu beschneiden und die Gewaltenteilung zu untergraben. Sie leitete deshalb bereits mehrere Vertragsverletzungsverfahren ein, über die nun der Europäische Gerichtshof entscheiden muss.
Im Dezember 2017 startete Brüssel dann ein bis dahin beispielloses Strafverfahren, das bis zum Entzug von Stimmrechten auf EU-Ebene führen kann. Dazu wäre aber ein einstimmiger Beschluss der Mitgliedstaaten notwendig. Dessen Blockade hat Polens Verbündeter Ungarn durch sein Veto schon angekündigt, gegen das seit September 2018 nun gleichfalls ein solches Strafverfahren nach Artikel 7 EU-Vertrag läuft.
(Y. Rousseau--BTZ)