Berliner Tageszeitung - Maas: Trump-Forderung zu Rücknahme von IS-Kämpfern "schwer realisierbar"

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Maas: Trump-Forderung zu Rücknahme von IS-Kämpfern "schwer realisierbar"




Maas: Trump-Forderung zu Rücknahme von IS-Kämpfern "schwer realisierbar"

Die Bundesregierung gerät in der Debatte um eine Rücknahme von in Nordsyrien inhaftierten deutschen IS-Kämpfern und deren Familien zunehmend unter Druck. Nach der entsprechenden Aufforderung von US-Präsident Donald Trump melden sich vermehrt Angehörige der Inhaftierten oder deren Anwälte zu Wort. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hält gleichwohl eine Rückholung nach Deutschland für "außerordentlich schwierig zu realisieren".

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Maas räumte am Montag am Rande eines EU-Außenministertreffens in Brüssel zwar ein, "dass deutsche Staatsbürger das Anrecht auf Wiedereinreise haben". Es müsse aber sichergestellt sein, dass die Betroffenen in Deutschland "unmittelbar in Gewahrsam genommen werden können". Solange dies nicht gewährleistet sei und es keine Informationen und Ermittlungsverfahren zu den Betroffenen gebe, halte er eine Rückholung "für schwer realisierbar". Es sei nicht so einfach, "wie man sich das in Amerika vorstellt".

Auch Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) beschrieb die Situation als "extrem schwierig". Zwar sprach sie sich in der "Bild"-Sendung am Montag dafür aus, die betroffenen Kämpfer in Deutschland vor Gericht zu stellen. Voraussetzung sei aber, "dass eine Strafverfolgung möglich ist". Auf jeden Fall aber dürften die Dschihadisten nicht unkontrolliert nach Deutschland zurückkehren, hob von der Leyen hervor. Auch sie verwies dabei auf fehlende Kontakte zu den syrischen Kurden, welche die Anhänger der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien inhaftiert haben.

Trump hatte die Europäer aufgefordert, ihre bei Kämpfen gegen die IS-Miliz in Ostsyrien von Kurden oder mit ihnen verbündeten Milizen gefangen genommenen Staatsbürger zurückzunehmen, um ihnen in ihrer Heimat den Prozess zu machen. Sonst müssten die USA sie freilassen, woraufhin damit zu rechnen sei, dass die Kämpfer nach Europa "eindringen", schrieb der US-Präsident im Kurzbotschaftendienst Twitter. Trump sprach konkret Deutschland, Großbritannien und Frankreich an.

Im Namen mehrerer betroffener Familien von Dschihadisten warf deren Hamburger Anwalt Mahmut Erdem der Bundesregierung Untätigkeit vor. Er wies am Montag darauf hin, dass die Selbstverwaltung der syrischen Kurden in dieser Sache sehr wohl zu direkten Gesprächen mit der Bundesregierung bereit sei. Dies lehnt Berlin allerdings bisher ab - wohl vor allem mit Rücksicht auf Vorbehalte der Türkei. Erdem vertritt nach eigenen Angaben vier Familien, deren Söhne und Töchter in Nordsyrien inhaftiert seien, gemeinsam mit ihren sieben Kindern im Alter von zwei bis 14 Jahren.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Norbert Röttgen (CDU), kritisierte Trumps Aufruf über Twitter als "in Ton und Inhalt nicht konstruktiv". Er forderte in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom Montag gemeinsame Lösungen für das Problem. Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter warf Trump im SWR "Populismus" vor. Er forderte, vor einer Rücknahme müsse es zunächst Zugang zu den Inhaftierten und mehr Informationen geben.

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch verlangte in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin" die Rücknahme der Betroffenen durch Deutschland im Rahmen rechtsstaatlicher Verfahren.

Zehntausende Menschen sind seit Dezember aus den letzten IS-Bastionen im Nordosten Syriens geflohen, darunter mehrere tausend Kämpfer. In den vergangenen Wochen ergaben sich zahlreiche, oft ausgehungerte IS-Kämpfer mit ihren Frauen und Kindern den Syrischen Demokratischen Kräften (SDF). Das Rückgrat der kurdisch-arabischen SDF bilden die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG).

(F. Schulze--BTZ)