Proteste in vielen Städten Kataloniens gegen Absetzung von Regionalpräsident
In zahlreichen Städten Kataloniens haben Menschen am Montagabend gegen die Absetzung des Regionalpräsidenten Quim Torra protestiert. In der Regionalhauptstadt Barcelona zündete nach Angaben der Polizei "eine kleine Gruppe" Mülltonnen an und errichtete Barrikaden. Auch ein Schweinekopf wurde in Richtung der Sicherheitskräfte geworfen. In Girona verbrannten Demonstranten die spanische Flagge. Torra kündigte an, gegen die Gerichtsentscheidung gegen ihn auf europäischer Ebene vorzugehen.
"Ich gebe nicht auf ", sagte der 57-jährige Torra in Barcelona wenige Stunden nach der Urteilsverkündung durch den Obersten Gerichtshof Spaniens. Das Gericht hatte am Montag seine Verurteilung wegen "Ungehorsams" zu eineinhalb Jahren Unwählbarkeit und 30.000 Euro Geldstrafe bestätigt. Für Torra bedeutet die Entscheidung de facto seine Amtsenthebung. Kataloniens Regionalparlament müsste nun einen neuen Präsidenten wählen. Wahrscheinlicher sind aber Neuwahlen Anfang nächsten Jahres.
Die Behörden des spanischen Staates wollten "die Regierung Kataloniens stürzen", sagte Torra in einer Fernsehansprache. Er forderte die Menschen auf, aus den anstehenden Neuwahlen "eine neue Volksabstimmung" für die Unabhängigkeit zu machen. Torra kritisierte zudem seine Amtsenthebung inmitten der Corona-Krise und der steigenden Zahl an Corona-Infektionen in der Region.
Er kündigte an, den Fall vor die europäische Justiz zu bringen. "Ich werde die Meinungsfreiheit und unsere Unabhängigkeit nach Europa bringen. Und wir werden gewinnen", sagte Torra.
Unmittelbar nach der Urteilsverkündung am Montag hatten die Unabhängigkeitsorganisationen Katalanische Nationalversammlung (ANC) und Omnium Cultural zu Protesten aufgerufen. Die Demonstranten versammelten sich am Abend vor vielen Rathäusern der Region, unter anderem in Barcelona und Girona.
Die katalanische Unabhängigkeitsbewegung hatte am 1. Oktober 2017 gegen den Willen Madrids ein Referendum abgehalten und danach für kurze Zeit sogar die Unabhängigkeit Kataloniens ausgerufen. Die Zentralregierung in Madrid setzte daraufhin die Autonomie der Region aus und enthob die Regionalregierung des Amtes. Zahlreiche führende Mitglieder der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung wurden inhaftiert und von der spanischen Justiz zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Andere gingen ins Exil. Torra hatte sein Amt im Mai 2018 angetreten.
(A. Madsen--BTZ)