SPD und Grüne fordern nach Facebook-Skandal schärfere Vorgaben
Vor dem Treffen von Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) mit Vertretern von Facebook fordern SPD und Grüne eine schärfere Regulierung von Algorithmen. Datensammlung und deren Analyse erlaubten immer individuellere Einblicke in unser Leben, sagte der digitalpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Jens Zimmermann, nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG (BTZ), in einem Interview vom Montag. "Deshalb ist es zwingend nötig, das Geschäftsgebaren von Unternehmen wie Facebook genau zu beobachten und - wo nötig - die Nutzer zu schützen."
Barley trifft am Montagnachmittag unter anderem den Europa-Cheflobbyisten von Facebook, Richard Allen. Dabei soll laut einem Ministeriumssprecher erörtert werden, inwieweit deutsche Nutzer von dem Skandal um den Missbrauch von Facebook-Daten durch die britische Firma Cambridge Analytica betroffen sind. Die Firma hatte Profildaten von 50 Millionen Nutzern ohne deren Einverständnis für den Wahlkampf von US-Präsident Donald Trump gesammelt.
"Wenn Facebook bemerkt, dass Daten abfließen oder für Zwecke genutzt werden, denen die Nutzerinnen und Nutzer nie zugestimmt haben, muss Facebook das sofort stoppen", sagte Barley nach BTZ-Information. Nutzer und Behörden seien jedoch nicht informiert worden, obwohl "Facebook vom dubiosen Handeln von Cambridge Analytica seit Langem wusste". Die Information der Nutzer müsse besser, schneller und transparenter werden. Es müsse "klarer erkennbar sein, nach welchen Programmcodes Unternehmen wirklich vorgehen".
Dieser Forderung schloss sich auch der SPD-Abgeordnete Zimmermann an: "Nach den bisherigen Erfahrungen und der häufig mangelhaften Kooperationsbereitschaft von amerikanischen Internetkonzernen und nach den oft wirkungslosen Selbstverpflichtungen stehen für mich auch weitere gesetzliche Regelungen im Raum." Es brauche "überprüfbare Transparenzvorgaben", nach denen Algorithmen Daten auswählen und gewichten. Sonst drohe Diskriminierung, warnte Zimmermann. Dabei zielt er auf das sogenannte Micro-Targeting ab - gezieltes Ansprechen kleiner Gruppen - das in vielen digitalen Geschäftsmodellen eine wichtige Rolle spielt.
Der Digitalexperte der Grünen-Bundestagsfraktion, Dieter Janecek, sagte hierzu: "Das Szenario, das uns droht, ist, dass mittels Algorithmen und Micro-Targeting vorab elektronische Bewerbungen aussortiert, über Kreditwürdigkeit und Versicherungstarife entschieden oder manipulativ Wahlen beeinflusst werden". Das sprenge den Werterahmen des Grundgesetzes. "Deshalb brauchen wir dringend eine gesellschaftliche Debatte zu den ethischen Maßgaben für Algorithmen."
Micro-Targeting sei vor allem im Wahlkampf gefährlich, weil Filterblasen so verstärkt würden. "Gerade bei politischer Werbung muss Micro-Targeting deshalb eingeschränkt werden", sagte Janecek. Für öffentliche Einrichtungen schlug der Grünen-Politiker vor, dass diese nur Algorithmen nutzen dürften, deren Entscheidungsstruktur für Menschen nachvollziehbar sei. Parteien und politische Akteure müssten überdies ihre Werbeaktivitäten und Methoden offen legen. "Das Zauberwort heißt Transparenz", sagte Janecek. Social-Media-Plattformen wie Facebook sollten zudem "mit einer Nachrichtenquote gezwungen werden, unabhängige Inhalte mit zu verbreiten".
(A. Bogdanow--BTZ)