
Loveparade-Prozess endet wohl ohne Urteil - Ankläger stimmen Einstellung zu

Einer der größten Strafprozesse in der Geschichte der Bundesrepublik endet wahrscheinlich ohne Urteil: Knapp zehn Jahre nach der Tragödie bei der Duisburger Loveparade stimmte die Staatsanwaltschaft der Einstellung des Verfahrens zu, wie die Behörde am Freitag mitteilte. Die vom Gericht vorgeschlagene Einstellung des seit Dezember 2017 laufenden Prozesses sei nunmehr "im Ergebnis vertretbar". Die Entscheidung des Duisburger Landgerichts wird für die kommende Woche erwartet.
"Angesichts der schweren Folgen der Tragödie - 21 Tote, mehr als 650 Verletzte - und des damit verbundenen Leids ist uns diese Entscheidung nicht leicht gefallen", erklärte die Staatsanwaltschaft.
Auslöser der Katastrophe während der Duisburger Loveparade am 24. Juli 2010 war ein tödliches Gedränge am Zu- und Abgangsbreich des eingezäunten Veranstaltungsgeländes. Das Duisburger Landgericht schlug Anfang vergangener Woche die Einstellung des Verfahrens gegen die noch drei der ursprünglich sieben Angeklagten vor und setzte den Prozessbeteiligten eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme bis zum nächsten Montag.
Gegen sieben weitere Angeklagte hatte die Duisburger Strafkammer das Verfahren bereits im Februar 2019 wegen geringer Schuld eingestellt. Den drei nunmehr noch angeklagten Mitarbeitern des damaligen Loveparade-Veranstalters werden fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung zur Last gelegt.
Die Staatsanwaltschaft führte für ihre Zustimmung zur Verfahrenseinstellung vielfältige Gründe an. Einer von zahlreichen Aspekten in diesem Zusammenhang sei, dass durch die Corona-Pandemie eine konkrete Gefährdung zahlreicher Prozessbeteiligter und auch Zuhörer "mit ganz erheblichen Gesundheitsrisiken" eingetreten sei. Diese Gefährdung werde zu einer Verzögerung der Hauptverhandlung führen. Dies zeige die derzeitige coronabedingte Unterbrechung des Verfahrens, das aus Platzgründen in einem Kongresszentrum der Düsseldorfer Messe stattfindet.
Die Staatsanwaltschaft erklärte weiter, nunmehr stehe sicher fest, dass das für ein Urteil erforderliche Beweisprogramm bis zum Eintritt der absoluten Strafverfolgungsverjährung am 27. Juli dieses Jahres "jedenfalls hinsichtlich des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung nicht zu absolvieren ist". Der Umstand, dass möglicherweise hinsichtlich des Vorwurfs der fahrlässigen Körperverletzung die Verfolgungsverjährung erst zu einem späteren Zeitpunkt eintreten könnte, erscheine demgegenüber "weniger bedeutsam".
Angesichts der Gesamtumstände teile die Staatsanwaltschaft die Auffassung des Gerichts, dass die Schuld der Angeklagten angesichts der Gefahrenlage und des aktuellen Verfahrensstandes als gering angesehen werden könne. Eine Fortführung des Verfahrens sei insbesondere auch mit Blick auf die zu erwartende Strafe für die Angeklagten bei einer Verurteilung "nicht mehr verhältnismäßig".
Auch die Duisburger Strafkammer hatte die Auffassung vertreten, aufgrund der pandemiebedingten Prozesseinschränkungen bestehe nur noch "eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit, den angeklagten Sachverhalt verurteilungsreif aufzuklären". Zudem verwiesen die Duisburger Richter unter anderem darauf, dass das "im Verfahren gründlich aufgeklärte, multikausale Geschehen" bei der Loveparade bereits fast zehn Jahre zurückliege.
Nebenklagevertreter hatten hingegen schon nach dem Einstellungsvorschlag des Gerichts erklärt, die Geschädigten und Angehörigen der Opfer seinen "maßlos enttäuscht". "Wir bedauern, dass der Loveparade-Prozess nach nunmehr fast zehn Jahren Bearbeitung durch Polizei und Justiz ohne ein Gerichtsurteil enden wird", erklärte damals die Düsseldorfer Kanzlei Baum Reiter&Collegen.
(H. Müller--BTZ)