Regierungsbeauftragter Klein warnt vor Ausbreitung des "Virus Antisemitismus"
Der ohnehin schon erstarkende Antisemitismus greift unter den Bedingungen der Corona-Krise in Deutschland noch weiter um sich: "Es gibt direkte Verbindungen zwischen der aktuellen Verbreitung des Coronavirus und der von Antisemitismus", sagte der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, am Dienstag in Berlin. "Verschwörungstheorien haben in Krisenzeiten Hochkonjunktur."
Bei der Vorstellung eines neuen Forschungsprogramms der Bundesregierung gegen den Judenhass sprach Klein von einem "Virus Antisemitismus", der "ansteckend auf einer sozialen Ebene" sei und "zum Teil lebensgefährliche" Folgen habe.
Der Beauftragte äußerte sich auf einer Pressekonferenz mit Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU), die dabei ein neues Programm ihres Hauses vorstellte. Dessen Ziel ist es, die Forschungsaktivitäten in verschiedenen Fachbereichen an Hochschulen deutschlandweit zusammenzuführen, "um die Ursachen und die Erscheinungsformen von Antisemitismus besser zu verstehen", wie die Ministerin sagte.
Dafür sollen vom kommenden Jahr an Forschungsverbünde eingerichtet werden. Karliczeks Ministerium stellt dafür zwölf Millionen Euro von 2021 bis 2025 bereit. "Wir wollen dem Antisemitismus mit der Wissenschaft zu Leibe rücken", sagte sie.
Der Antisemitismusbeauftragte Klein begrüßte das Vorhaben. Es werde "dazu beitragen, das Wissen über seine Entstehung und Verbreitung zu verbessern und zu vernetzen, so dass wir Antisemitismus noch gezielter bekämpfen können".
Klein sagte, dass die derzeitige Verbreitung des Antisemitismus infolge der Corona-Krise zeige, wie wichtig die Forschung sei. "Je größer die Verunsicherung der Menschen ist, desto eher wenden sie sich solchen Sündenbocktheorien zu", sagte er. "In den letzten Wochen versuchen Rechtsradikale verstärkt, die Corona-Krise für ihre Ziele zu instrumentalisieren."
Als Beispiel nannte Klein "krude Erklärungsversuche" zur Corona-Krise, die derzeit im Internet kursierten - so etwa die Behauptung, die Pandemie sei das Ergebnis eines fehlgeschlagenen Biowaffentests des israelischen Geheimdiensts.
Hintergrund von Karliczeks Forschungsinitiative ist, dass Antisemitismusforschung in Deutschland keine eigene Wissenschaftsdisziplin ist, sondern ein interdisziplinäres Querschnittsthema. So forschen zum Beispiel Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Geschichts- und Literaturwissenschaften, der Philosophie, Theologie oder Jura an antisemitischen Erscheinungsformen. Ziel der neuen Förderlinie ist es, die Antisemitismusforschung zu stärken und in der deutschen Forschungslandschaft besser zu verankern.
(W. Winogradow--BTZ)