Warschau: Polens neue linksliberale Partei befindet sich im Aufwind
Polens neue linksliberale Partei liegt eine Woche nach ihrer Gründung im Aufwind. Nach einer am Montag veröffentlichten Meinungsumfrage würde "Frühling" bei der Europawahl im Mai mit 16,2 Prozent drittstärkste Kraft nach der regierenden PiS und der oppositionellen Bürgerplattform (PO). Die rechtsnationale PiS käme demnach auf 37,1 Prozent, die liberal-konservative PO auf 21,8 Prozent.
Es sei allerdings nicht sicher, ob die linksliberale Gruppierung diesen Wert halten könne, sagte die Politikwissenschaftlerin Anna Materska-Sosnowska von der Universität Warschau. Derzeit profitiere sie noch vom Schwung und dem "fantastischen Marketing" ihres Gründungsparteitags. Doch könne "Frühling" die regierende PiS um ihre absolute Mehrheit bringen, fügte Materska-Sosnowska hinzu.
Ihr Gründer ist der erste offen homosexuelle polnische Politiker Robert Biedron, der sich als Bürgermeister der nordpolnischen Stadt Stolp (Slupsk) viel Respekt erworben hatte. Er will mit seiner Partei bereits bei der Europawahl antreten.
Im erzkatholischen Polen tritt Biedron für eine striktere Trennung von Kirche und Staat und die Anerkennung homosexueller Partnerschaften ein. Der 42-Jährige fordert gleiche Gehälter für Männer und Frauen sowie mehr Sozialausgaben, etwa für eine Grundrente, und will bis 2035 alle Kohlebergwerke schließen.
In der EU-Politik will Biedron den Kollisionskurs der PiS mit Brüssel beenden. Diese hat seit 2015 eine Reihe von Justizreformen beschlossen, die nach Auffassung der EU-Kommission die Unabhängigkeit der Justiz und damit die Demokratie in Polen bedrohen.
(A. Lefebvre--BTZ)