Regierungspläne für höheres Kindergeld und Steuerentlastungen umstritten
Die Pläne der Koalition zur Entlastung von Familien mit Kindern, aber auch der Steuerzahler insgesamt sind bei der ersten Lesung im Bundestag auf Kritik gestoßen. Vertreter der Opposition kritisierten das Vorhaben am Donnerstag in der Debatte als unzureichend. Redner der Koalition verteidigten dagegen die Vorlage von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) als Unterstützung gerade für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen.
Der Gesetzentwurf sieht vor, ab Juli 2019 das Kindergeld um zehn Euro monatlich pro Kind zu erhöhen, außerdem 2019 und 2020 in zwei Schritten den Kinderfreibetrag. Weitere Steuerentlastungen entstehen aus der Erhöhung des Grundfreibetrags und einem Ausgleich für die sogenannte Kalte Progression. Der großen Koalition zufolge werden durch die Änderungen Familien jährlich um etwa zehn Milliarden Euro entlastet.
Grüne und Linke kritisierten jedoch, ausgerechnet einkommensschwache Familien gingen leer aus, da die Kindergelderhöhung bei Hartz-IV-Empfängern angerechnet werde. "Arme Familien bekommen von diesem Gesetz nicht einen einzigen Euro", sagte die Grünen-Abgeordnete Lisa Paus. Die Regierungsvorlage sei ein "Marketinggag".
Der Linken-Abgeordnete Fabio de Masi warf der großen Koalition ebenfalls vor, mit den Änderungen nicht den 2,5 Millionen Kindern zu helfen, die in Deutschland in Armut lebten. Durch die Erhöhung der Kinderfreibeträge sparten besonders Besserverdienende Steuern, kritisierte er im Bundestag. Linken-Parteichefin Katja Kipping pochte in Berlin als Alternative auf die Einführung einer Kindergrundsicherung.
Auch das Deutsche Kinderhilfswerk nannte das Entlastungsgesetz zwar einen "Schritt in die richtige Richtung", kritisierte die Regierungspläne aber zugleich als "sozialpolitisch unausgewogen und armutspolitisch verfehlt". Als "besonders problematisch" sieht es auch das Kinderhilfswerk, dass besonders bedürftige Kinder im Hartz-IV-Bezug leer ausgehen.
Ein insgesamt zu geringes Entlastungsvolumen monierte FDP-Fraktionsvize Christian Dürr. Die Regierung schwimme im Geld, sie werfe den Menschen jedoch "allerhöchstens Brotkrumen" hin, sagte er im Bundestag. Dürr forderte die Bundesregierung auf, für eine wirkliche Entlastung den Solidaritätszuschlag in dieser Legislaturperiode komplett abzuschaffen. Der AfD-Politiker Kay Gottschalk warf der Regierung eine Politik nach dem "Gießkannenprinzip" vor. Das Familienentlastungesetz verdiene seinen Namen nicht.
Die Vertreter der großen Koalition verteidigten ihre Pläne in der Debatte. Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen, die den Spagat zwischen Beruf und Familie schaffen müssten, hätten durch das Gesetz "deutlich mehr Geld in der Tasche", sagte die Parlamentarische Staatssekretärin im Finanzministerium, Christine Lambrecht (SPD). "Lassen Sie uns dieses Gesetz nicht klein reden", sagte sie an die Kritiker gewandt. Die geplanten Entlastungen seien für manche Familien "eine ganze Menge Geld".
Der CDU-Politiker Johannes Steininger warb ebenfalls für die Pläne der großen Koalition. "Wir setzen heute eine Milliardenentlastung für die Familien in Deutschland auf die Schiene und helfen damit ganz konkret", sagte er. "Wir kümmern uns um diejenigen, die unsere Gesellschaft am Laufen halten." Unions-Fraktions-Vize Nadine Schön argumentierte im Interview nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG, bei "nahezu allen Familien bildet das Kindergeld einen erheblichen Anteil am Haushaltseinkommen".
(O. Petrow--BTZ)