Politik: Koalition will nach Dauerstreit endlich zurück zum Normalbetrieb
Nach monatelangem Dauerstreit wollen die Spitzen der großen Koalition die inhaltliche Arbeit in den Mittelpunkt stellen. Die Regierung habe sich zu sehr mit sich selbst beschäftigt, urteilte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag - "das muss sich ändern." SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte, die Koalition brauche einen "völlig neuen Arbeitsmodus". In neuen Umfragen steht das Bündnis ein Jahr nach der Bundestagswahl schlecht da.
Die Neuauflage der großen Koalition hatte nach der schwierigen Regierungsbildung erst im März die Arbeit aufgenommen. Noch vor der Sommerpause brachte der Streit um die Zurückweisung von Flüchtlingen an deutschen Grenzen das Bündnis an den Rand der Auflösung. In den vergangenen Wochen belastete dann der Konflikt um Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen die Koalition schwer.
"An vielen Stellen haben wir uns in den letzten Monaten zu sehr mit uns selbst beschäftigt", bilanzierte Merkel am Montag. Sie rief die Regierungspartner eindringlich zur Sacharbeit auf. "Ich werde alles daran setzen, dass das in der nächsten Zeit auch so passiert", sagte die CDU-Vorsitzende.
Der Koalitionsausschuss, der bislang nur anlassbezogen zusammentritt, solle künftig regelmäßig tagen, sagte Merkel. Sie kündigte die nächste Zusammenkunft bereits für kommenden Montag an. Merkel räumte auch persönliche Fehler im Umgang mit Maaßen ein, der wegen Äußerungen zu rechten Ausschreitungen in Chemnitz in die Kritik geraten war. Sie habe bei der ursprünglichen Entscheidung "zu wenig an das gedacht, was die Menschen zurecht bewegt, wenn sie von einer Beförderung hören", sagte die Kanzlerin. Das bedaure sie. Die nun gefundene Lösung sei "sachgerecht" und "vermittelbar".
Merkel, SPD-Chefin Andrea Nahles sowie der CSU-Vorsitzende und Bundesinnenminister Horst Seehofer hatten am Sonntag erneut über die Angelegenheit beraten und vereinbart, dass Maaßen bei gleichbleibendem Gehalt als Sonderbeauftragter für europäische und internationale Fragen ins Bundesinnenministerium wechselt.
Zuvor hatten die drei Politiker am Dienstag verabredet, dass Maaßen Staatssekretär im Innenministerium werden solle, was eine Beförderung und deutliche Gehaltssteigerung bedeutet hätte. Dies sorgte für heftige Kritik.
Die Einigung von Sonntag sei ein "akzeptables Ergebnis" sagte SPD-Generalsekretär Klingbeil. Nun brauche die Koalition allerdings einen "völlig neuen Arbeitsmodus". Mit einer Rückkehr zur Sachpolitik sei es nicht getan. Auch CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer forderte einen anderen "Arbeitsmodus" der Regierung.
Aktuelle Umfragen dürften den Koalitionären weiter zu denken geben: Im am Montag veröffentlichten Insa-"Meinungstrend" für die "Bild"-Zeitung verliert die CDU/CSU 1,5 Prozentpunkte und erreicht mit nur noch 27 Prozent ihren bisher schlechtesten Wert überhaupt. Die SPD gibt erneut einen Punkt ab auf nun 16 Prozent. Damit kommen die Koalitionsparteien zusammen nur noch auf 43 Prozent. Alle Oppositionsparteien können dagegen zulegen.
Laut dem Forsa-Trendbarometer und n-tv vom Montag trauen zudem nur 24 Prozent der Bürger Union oder SPD zu, die Probleme in Deutschland zu lösen. Eine deutliche Mehrheit von 61 Prozent schreibt hingegen gar keiner Partei diese Kompetenz zu.
(S. Sokolow--BTZ)