Syrische Regierung setzt offenbar auf Bomben und Gespräche in Ost-Ghuta
Die syrische Regierung setzt auf Verhandlungen und Bombenangriffe, um die letzten Bastionen der Rebellen in Ost-Ghuta einzunehmen. Während im Zuge einer Vereinbarung mit der Regierung Rebellenkämpfer aus der Stadt Harasta abzogen, bombardierten Kampfflugzeuge in der Nacht zu Freitag die Stadt Arbin und töteten 37 Zivilisten, wie Aktivisten mitteilten. Kurz darauf trat dort eine Waffenruhe in Kraft, um Verhandlungen zu ermöglichen.
Die Zivilisten in Arbin seien in einem Schutzraum "verbrannt und erstickt", nachdem mutmaßlich russische Kampfflugzeuge Brandbomben abgeworfen hätten, erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Videos und Fotos von Journalistenn deuteten auf den Einsatz von weißem Phosphor hin, dessen Einsatz gegen militärische Ziele in Wohngebieten gegen das internationale Recht verstößt.
Die Zivilschutzorganisation Weißhelme sprach von einem "schrecklichen Massaker". Der Angriff erfolgte kurz vor dem Inkrafttreten einer Waffenruhe zwischen den Regierungstruppen und der Rebellengruppe Fajlak al-Rahman, die den Süden von Ost-Ghuta kontrolliert. Bereits am Donnerstag waren bei vermutlich russischen Luftangriffen in der Gegend um Samalka 38 Zivilisten getötet worden.
Fajlak al-Rahman hatte am Donnerstag angekündigt, ab Mitternacht die Waffen schweigen zu lassen, um mit Russland über den Abzug ihrer Kämpfer zu verhandeln. Ein Sprecher der Gruppe sagte nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG, die regionale Waffenruhe sei von der UNO vermittelt worden. Schon in der Vergangenheit hatten die Rebellen mehrere Bastionen bei Damaskus geräumt und sich nach Idlib im Nordwesten Syriens zurückgezogen.
Auch die Rebellengruppe Ahrar al-Scham einigte sich am Mittwoch mit der Regierung auf den Abzug ihrer Kämpfer aus Harasta in Ost-Ghuta. Hunderte ihrer Kämpfer trafen am Freitag mit ihren Angehörigen in Idlib ein, wie die Beobachtungsstelle erklärte. Die Busse hätten in der Nacht einen Stopp in der Provinz Hama eingelegt, wo sie von Mitarbeitern des Roten Halbmonds und der Weißhelme empfangen worden seien.
Die oppositionsnahe Beobachtungsstelle bezieht ihre Informationen von Ärzten und Aktivisten vor Ort. Für Medien sind sie kaum zu überprüfen. Laut Staatsmedien sollte am Freitag ein zweiter Konvoi von Harasta nach Idlib aufbrechen. Insgesamt sollen 1500 Kämpfer mit 6000 Angehörigen die Stadt verlassen. Der Syrien-Experte Nawar Oliver sagte, die Gruppe habe ihren bedingungslosen Abzug akzeptieren müssen.
Nach dem Abzug von Ahrar al-Scham bleiben nur noch die islamistischen Gruppen Dschaisch al-Islam in Duma und Fajlak al-Rahman in Samalka. Sie stehen ebenfalls unter Druck, dem Abzug ihrer jeweils mehreren tausend Kämpfern zuzustimmen. Aus dem Stadtrat von Duma verlautete, auch dort liefen Verhandlungen über eine Evakuierung der Stadt. Dschaisch al-Islam bestätigte dies zunächst nicht. Seit Beginn der Offensive auf Ost-Ghuta haben die Regierungstruppen mit Unterstützung der russischen Luftwaffe rund 80 Prozent des Gebiets vor den Toren der Hauptstadt erobert, das seit 2013 unter Belagerung stand. Idlib ist die letzte Provinz, die sich weitgehend dem Zugriff von Machthaber Baschar al-Assad entzieht, doch verloren die Rebellen seit Dezember große Gebiete im Südosten der Provinz.
(A. Lefebvre--BTZ)