Riad: Saudi-Arabien stellt sexuelle Belästigung ab sofort unter Strafe
Saudi-Arabien setzt seine Reformen bei den Frauenrechten fort: Künftig steht sexuelle Belästigung in dem erzkonservativen Königreich unter Strafe. Der Schura-Rat, der das Kabinett berät, habe einen entsprechenden Gesetzentwurf gebilligt, teilten die Behörden aktuell mit. Überschattet wird die Reform vom Vorgehen der saudiarabischen Behörden gegen Frauenrechtlerinnen: In den vergangenen Tagen waren nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen mehrere von ihnen festgenommen worden.
Das saudiarabische Kabinett stimmte der Reform zu, wie die amtliche Nachrichtenagentur SPA berichtete. Künftig sind damit Haftstrafen für sexuelle Belästigung von bis zu fünf Jahren und Geldstrafen von 300.000 Rial (69.000 Euro) möglich. Das Gesetz fülle "ein großes gesetzgeberisches Vakuum" und diene als Abschreckung, sagte Schura-Ratsmitglied Latifa al-Schaalan laut einer Erklärung des Informationsministeriums. Es solle "die Täter bestrafen und die Opfer beschützen", um deren "Intimität, Würde und ihre vom islamischen Recht garantierte persönliche Freiheit zu bewahren", hieß es weiter.
Der saudiarabische Kronprinz Mohammed bin Salman hatte in den vergangenen Monaten einige Reformen eingeleitet, um sein Land zukunftsfähig zu machen. Dazu zählt etwa die Aufhebung des Fahrverbots für Frauen, welche am 24. Juni erfolgen soll. Zudem beendete der Kronprinz ein Jahrzehnte altes Kinoverbot, erlaubte Konzerte mit einem gemischten Publikum aus Männern und Frauen und schränkte die Befugnisse der gefürchteten Religionspolizei ein.
Viele Aktivisten kritisieren die Reformen jedoch als kosmetisch. Überschattet wurden die jüngsten Ankündigungen zudem von der Sorge um mehrere Menschenrechtsaktivisten. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen wurden in den vergangenen Tagen mindestens elf Menschenrechtsaktivisten festgenommen - viele von ihnen Feministinnen, die sich seit langem für die Aufhebung des Fahrverbots für Frauen einsetzen.
Ohne Namen zu nennen, beschuldigten die Behörden die Festgenommenen des "verdächtigen Kontakts" mit ausländischen Akteuren, der finanziellen Unterstützung von "Feinden" sowie des Versuchs, die Stabilität des Königreichs zu untergraben. Berichte staatlich unterstützter Medien bezeichneten einige der Inhaftierten als Verräter. Während einige Menschenrechtsaktivisten inzwischen freigelassen wurden, bleibt das Schicksal anderer Festgenommener nach Angaben von Amnesty International unklar.
Das Büro des UN-Menschenrechtskommissars zeigte sich am Dienstag irritiert darüber, dass die saudiarabischen Behörden während des Reformprozesses gerade die Menschen verfolgten, die sich für die Reformen einsetzen. Sollten die Inhaftierten nur wegen ihres Engagements für Frauenrechte festgenommen worden sein, "sollten sie sofort freigelassen werden", hieß es. Die saudiarabischen Behörden reagierten bisher nicht auf Anfragen zu den jüngsten Festnahmen.
(A. Williams--BTZ)