Nach Dieselskandal: Diess löst Müller als Volkswagen-Chef ab
Neuer Chef für neue Herausforderungen: Herbert Diess ist neuer Vorstandsvorsitzender bei Volkswagen. Der bisherige VW-Markenchef löse Matthias Müller an der Konzernspitze mit sofortiger Wirkung ab, um das Unternehmen für neue Aufgaben wie den Ausbau der Elektromobilität fit zu machen, teilte der Aufsichtsrat am Donnerstagabend in Wolfsburg mit. Außerdem wurde ein neuer Personalvorstand eingesetzt sowie eine Neugliederung des Konzerns beschlossen.
Diess übernehme die Konzernführung "in einer Phase hoher Veränderungsdynamik im Unternehmen und der gesamten Automobilindustrie", erklärte der VW-Aufsichtsrat nach seiner Sitzung. Der 59-Jährige habe "bei der Neuausrichtung der Marke Volkswagen eindrucksvoll bewiesen, mit welchem Tempo und mit welcher Konsequenz er tiefgreifende Transformationsprozesse umsetzen" könne.
"In einer Phase fundamentaler Umbrüche in der Automobilindustrie kommt es darauf an, dass Volkswagen Tempo aufnimmt und deutliche Akzente auf den Gebieten der Elektromobilität, der Digitalisierung des Autos und des Verkehrs sowie neuer Mobilitätsdienste setzt", beschrieb Diess in der Konzernmitteilung seine Mission. Sein Vorgänger Müller habe bereits "die Weichen für den Wandel gestellt".
Der Aufsichtsratsvorsitzende Hans Dieter Pötsch dankte Müller ausdrücklich. Der bisherige Vorstandschef habe "Herausragendes" für den Volkswagen-Konzern geleistet, erklärte Pötsch. Müller habe einen "Kulturwandel" in die Wege geleitet und mit großem persönlichen Einsatz dafür gesorgt, dass der Volkswagen-Konzern "nicht nur in der Spur geblieben ist, sondern robuster als jemals zuvor dasteht".
Nach Angaben des Aufsichtsrats schied Müller "im gegenseitigen Einvernehmen mit sofortiger Wirkung" als Vorstandsvorsitzender aus. Sein Vertrag wäre eigentlich erst 2020 ausgelaufen.
Müller hatte 2015 das Zepter von Martin Winterkorn übernommen, der wegen des Diesel-Abgasskandals bei VW zurückgetreten war. Volkswagen hatte im September 2015 auf Druck von US-Behörden zugegeben, weltweit in rund elf Millionen Dieselfahrzeugen unterschiedlicher Marken eine Software zur Manipulation von Abgaswerten eingebaut zu haben. Zuletzt geriet Müller wegen seines Millionengehalts in die Schlagzeilen. Über Müllers bevorstehende Ablösung durch Diess hatten am Dienstag bereits mehrere Medien berichtet.
Auch der Personal-Konzernvorstand wurde nun ausgetauscht: Der bisherige Generalsekretär des Konzernbetriebsrates, Gunnar Kilian, übernimmt den Posten von Karlheinz Blessing, der vorerst als Berater für Volkswagen weiter arbeitet.
Der bislang für den Bereich Beschaffung zuständige Vorstand Francisco Javier Garcia Sanz verlässt das Unternehmen der Mitteilung zufolge "auf eigenen Wunsch". Durch die Führung der Diesel-Taskforce bei VW habe er "maßgeblich zur Überwindung der Dieselkrise beigetragen". Garcia Sanz Posten als Seat-Aufsichtsratschef übernehme nun kommissarisch der Vorstand Beschaffung der Marke VW, Ralf Brandstätter, in Personalunion.
Zu der Umstrukturierung von VW zählt auch, dass die Vorstandsvorsitzenden der unterschiedlichen Automarken zusätzlich Aufgaben bei der Führung des Gesamtkonzerns übernehmen. Diess soll dabei den Bereich Konzernentwicklung und Forschung verantworten, Audi-Chef Rupert Stadler den Konzernvertrieb und Porsche-Chef Oliver Blume die Konzernproduktion. Wegen der "besonderen Bedeutung der Vernetzung des Automobils" übernehme Diess außerdem den Bereich Fahrzeug-IT, hieß es weiter. Für Freitagvormittag setzte VW eine Pressekonferenz in Wolfsburg an, um die Entscheidungen des VW-Aufsichtsrates zu erläutern.