Sassoli eröffnet EU-Parlamentssitzung in nahezu leerem Straßburger Plenum
EU-Parlamentspräsident David Sassoli hat erstmals seit März eine Plenarsitzung in Straßburg eröffnet. In seiner Ansprache im nahezu leeren Plenarsaal unterstrich Sassoli am Montag die "Bedeutung von Straßburg als Sitz des EU-Parlaments". Die restliche Parlamentswoche wird allerdings in Brüssel und per Video abgehalten.
Wegen der Corona-Pandemie hat das EU-Parlament seit zehn Monaten nicht mehr in Straßburg getagt. Auch im Normalfall finden die meisten Sitzungen zwar in Brüssel statt, für zwölf Plenarsitzungen im Jahr treten die EU-Abgeordneten aber die Reise ins Elsass an. Wegen der Pandemie fanden alle Tagungen zuletzt in reduziertem Umfang in Brüssel statt.
Mit der symbolischen Sitzungseröffnung in Straßburg ging Sassoli auf Forderungen französischer Politiker ein, die einen Bedeutungsverlust ihres Parlamentssitzes befürchten. Zeitweise hatte es deswegen offenen Streit gegeben. Sassoli hatte sich verärgert über das Verhalten von Frankreichs Europa-Staatsminister Clément Beaune gezeigt, der mehrmals nachdrücklich eine Rückkehr der Abgeordneten nach Straßburg gefordert hatte.
"Ich komme hierher als Zeichen der Freundschaft, ein Zeichen der Nähe zur Stadt Straßburg in diesen schwierigen Monaten des Kampfes gegen die Pandemie", sagte Sassoli nun. Die elsässische Hauptstadt sei nicht nur in den EU-Verträgen als Parlamentssitz festgeschrieben, "auch die Geschichte hat Straßburg zur Hauptstadt Europas, zu unserer Hauptstadt gemacht". Er hoffe, das Parlament könne bald wieder zur Normalität zurückkehren.
Nach Sassolis Ansprache im bis auf einige vornehmlich französische Abgeordnete leeren Plenarsaal wurde die Sitzung in Brüssel fortgesetzt. Auch hier waren die Reihen allerdings recht licht. Um Reisen quer durch Europa zu vermeiden, können die Abgeordneten derzeit für Redebeiträge per Video aus Verbindungsbüros des Parlaments in ihren Heimatländern zugeschaltet werden. Abgestimmt wird elektronisch, ebenfalls aus der Distanz.
Das regelmäßige Pendeln von mehreren Tausend Abgeordneten, deren Assistenten, Parlamentsangestellten und Medienvertretern ins Elsass ist schon lange Gegenstand von Kritik. Auch die Mehrheit der Abgeordneten befürwortet einen einzigen Parlamentssitz. Der Doppelsitz ist aber EU-vertraglich verankert und Frankreich beharrt darauf. Um die Verträge zu ändern, bräuchte es eine einstimmige Entscheidung der 27 EU-Staaten.
(K. Berger--BTZ)