Äthiopiens Regierungschef kündigt Schlag gegen Anführer von abtrünniger Region an
Äthiopiens Regierungschef Abiy Ahmed hat einen bevorstehenden Schlag auf die Führung der in der abtrünnigen Region Tigray regierenden Volksbefreiungsfront TPLF angekündigt. "Wir haben sie in der Nacht nicht angegriffen, weil sie ihre Frauen, Kinder und entführte Soldaten bei sich hatten", sagte Abiy am Montag in einer Rede vor dem Parlament.
Ihr Aufenthaltsort westlich der Provinzhauptstadt Mekele sei aber bekannt und die äthiopische Armee werde bald gegen sie vorgehen. US-Außenminister Mike Pompeo rief Abiy in einem Telefonat auf, alle Kampfhandlungen einzustellen.
Abiy wies Vorwürfe des TPLF-Anführers Debretsion Gebremichael zurück, wonach es bei Luftangriffen bei der Einnahme von Mekele durch die äthiopische Armee am Wochenende viele zivile Opfer gegeben habe.
"Nicht eine einzige Person ist durch die Operation in Mekele verletzt worden", sagte Abiy in seiner ersten Parlamentsrede seit dem Beginn der Kämpfe vor mehr als drei Wochen. Die Überprüfung von Aussagen der Konfliktparteien ist schwierig, da die Region seit Beginn der Unruhen praktisch von der Welt abgeschnitten ist.
Pompeo äußerte sich in dem Telefonat mit Abiy besorgt über die Offensive der äthiopischen Armee. Er verlangte ein "vollständiges Ende der Kämpfe und einen konstruktiven Dialog zur Lösung der Krise", wie sein Ministerium mitteilte. Pompeo rief die äthiopische Regierung auf, Zivilisten zu schützen und die Einhaltung der Menschenrechte für die Bevölkerung in Tigray und alle ethnischen Gruppen zu gewährleisten.
In Tigray gibt es bereits seit Monaten Spannungen. Die bisher dort regierende TPLF dominierte drei Jahrzehnte lang die äthiopische Politik, bevor der aktuelle äthiopische Regierungschef Abiy 2018 an die Macht kam. Die TPLF erkennt Abiy nicht an. Anfang des Monats sandte der Regierungschef, der im vergangenen Jahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden war, Streitkräfte nach Tigray.
Mehrere tausend Menschen sind nach Schätzungen der auf Konflikte spezialisierten International Crisis Group (ICG) bei den Kämpfen in Äthiopien bisher getötet worden. Mehr als 43.000 Menschen flohen nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) aus dem Konfliktgebiet in den benachbarten Sudan.
Abiy versprach, dass die äthiopischen Flüchtlinge aus dem Sudan bald zurückkehren könnten. Er stellte aber die Vermutung in den Raum, dass einige der Flüchtlinge an einem Massaker mit 600 Toten in der Stadt Mai-Kadra in Tigray beteiligt gewesen sein könnten. Geflohene Äthiopier im Sudan hatten gegenüber AFP hingegen berichtet, dass Regierungs-Soldaten an dem Blutbad beteiligt gewesen seien.
(D. Fjodorow--BTZ)