Afghanische Regierung will Verantwortliche für Raketenangriff zur Rechenschaft ziehen
Nach einem tödlichen Raketenangriff in Kabul hat Afghanistans Vizepräsident Amrullah Saleh angekündigt, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. "Wir werden die Netzwerke aufdecken, die für den Transport des Materials verantwortlich waren, das bei dem Angriff genutzt wurde", erklärte Saleh am Sonntag im Online-Dienst Facebook. Seinen Angaben zufolge waren bei dem Raketenanschlag am Samstagmorgen zehn Menschen getötet und mehr als 50 weitere verletzt worden.
Zu dem Angriff, bei dem neben der hochgesicherten Grünen Zone der afghanischen Hauptstadt auch mehrere Wohngebiete getroffen wurden, hatte sich die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) bekannt. Die afghanischen Behörden machten dagegen die radikalislamischen Taliban für die Gewalt verantwortlich. Die Miliz wies jede Beteiligung an dem Angriff zurück.
Der Anschlag ereignete sich nur wenige Stunden vor einem Treffen von US-Außenminister Mike Pompeo mit Unterhändlern der Kabuler Regierung sowie der Taliban in Doha. In der katarischen Hauptstadt führen die afghanische Regierung und die Taliban auf Drängen der USA seit September Vorgespräche für Friedensverhandlungen. Die Gespräche gestalten sich schwierig, aber wie die Nachrichtenagentur AFP am Freitag von mehreren Quellen erfuhr, haben beide Seiten mittlerweile einen zentralen Streitpunkt zu den Verhandlungsregeln gelöst.
Die US-Regierung hatte im Februar ein Abkommen mit den afghanischen Taliban geschlossen. Die USA sagten einen vollständigen Truppenabzug bis Mitte 2021 zu, im Gegenzug gaben die Taliban Sicherheitsgarantien ab. Die Angriffe der Taliban auf die afghanischen Sicherheitskräfte haben in jüngster Zeit aber deutlich zugenommen. Laut dem Innenministerium in Kabul gab es in den vergangenen sechs Monaten 53 Selbstmordattentate von Taliban-Kämpfern sowie mehr als 1250 Explosionen, bei denen 1210 Zivilisten getötet wurden.
Die Behörden in Kabul machen die Radikalislamisten zudem für zwei Attacken auf Bildungseinrichtungen verantwortlich, bei denen vor kurzem fast 50 Menschen getötet wurden. Beide Male wiesen die Taliban jede Verstrickung zurück.
US-Präsident Donald Trump will kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Amt den Abzug der US-Soldaten aus Afghanistan vorantreiben. Bis zum 15. Januar sollen weitere rund 2000 der derzeit rund 4500 US-Soldaten das Land verlassen. Kritiker warnen, ein übereilter Abzug der US-Armee werde die Extremisten in Afghanistan stärken.
(O. Joergensen--BTZ)