Oberster US-Gerichtshof befasst sich mit Gesundheitsreform "Obamacare"
Eine Woche nach der Präsidentschaftswahl hat sich der Oberste US-Gerichtshof mit der als "Obamacare" bekannten Gesundheitsreform des früheren Präsidenten Barack Obama befasst. Bei der Anhörung ging es am Dienstag um die Frage, ob die gesamte Gesundheitsreform ungültig ist. Präsident Donald Trump und seine Republikaner wollen die Reform zum Einsturz bringen, die mehr als 20 Millionen Bürgern Zugang zu einer Krankenversicherung ermöglichte.
Eine Entscheidung der Verfassungsrichter wird erst für das kommende Jahr erwartet. Die Demokraten befürchten, dass der konservativ dominierte Supreme Court die gesamte Gesundheitsreform kassieren könnte. Trump hat in seiner Amtszeit drei neue Verfassungsrichter ernannt, zuletzt die erzkonservative Juristin Amy Coney Barrett. Das konservative Lager hat damit eine klare Mehrheit von sechs zu drei Richtern im Obersten Gerichtshof.
Obamacare war 2010 in Kraft getreten. Die historische Reform verpflichtete die meisten US-Bürger unter Androhung einer Strafzahlung, eine Krankenversicherung abzuschließen, und verpflichtete Versicherungen, auch Kunden mit Vorerkrankungen anzunehmen. Die Versicherungspflicht für die meisten Bürger - bekannt als "individual mandate" - war besonders umstritten.
2012 erklärte der Supreme Court Obamacare mit einer knappen Mehrheit und dem Argument für verfassungskonform, die Strafzahlung könne als Steuer verstanden werden. Der Kongress, der Steuern erheben darf, habe deswegen nicht seine Befugnisse überschritten.
Trumps Republikaner strichen aber 2017 die Strafzahlung, die bei Nicht-Abschluss einer Versicherung drohte. Mehrere republikanisch regierte Bundesstaaten argumentierten in der Folge, mit dem Auslaufen der Strafzahlung sei die Versicherungspflicht insgesamt verfassungswidrig - und damit die gesamte Reform hinfällig.
Ende 2018 schloss sich ein konservativer Bundesrichter im Bundesstaat Texas dieser Auffassung an. Das "individual mandate" sei ein so wichtiger "Pfeiler" der Reform gewesen, dass Obamacare ohne diese Versicherungspflicht keinen Bestand mehr haben könne.
Der Fall landete schließlich vor dem Supreme Court in Washington. Dort stehen sich republikanisch und demokratisch regierte Bundesstaaten gegenüber. Die Trump-Regierung hat sich den republikanischen Bundesstaaten angeschlossen. Trump hat immer wieder versucht, die Gesundheitsreform seines Vorgängers abzuschaffen.
Sollte der Gerichtshof Obamacare komplett streichen, könnten Millionen Menschen ihren Versicherungsschutz verlieren - und das inmitten der Corona-Pandemie. Mit besonderer Sorge haben die Demokraten darauf verwiesen, dass die von Trump ernannte Verfassungsrichterin Barrett in der Vergangenheit die Supreme-Court-Entscheidung des Jahres 2012 kritisiert hatte.
Der neugewählte Präsident Joe Biden hat versprochen, Obamacare auszubauen. Er wollte sich am Dienstag zu seinen Plänen in der Gesundheitspolitik äußern.
(O. Larsen--BTZ)