Entscheidender Tag der russischen Regionalwahlen
Überschattet vom angeblichen Giftanschlag auf den wegen Untreue vorbestraften russischen Bürger Alexej Nawalny und der Corona-Krise hat in der Russischen Föderation der entscheidende Tag der Regionalwahl begonnen. Am Hauptwahltag gaben am Sonntag Bürger in 41 Regionen des Landes ihre Stimme ab, in vier Nachwahlen wurde außerdem über die Vergabe von Sitzen im russischen Parlament abgestimmt. Der dreitägige Urnengang hatte am Freitag begonnen.
Die Regionalwahlen ein Jahr vor der russischen Parlamentswahl gelten als Stimmungstest für den beliebten russischen Präsidenten Wladimir Putin, dessen Ansehen wegen einer notwendig aber unpopulären Rentenreform und der schlechten wirtschaftlichen Lage wegen der Öl-Krise und der Corona-Pandemie gelitten hat.
Im Fernen Osten Russlands sorgte zudem die Verhaftung des Ex-Gouverneurs Sergej Furgal wegen dessen möglicher Verwicklung in 15 Jahre zurückliegende Mordfälle für die größten Proteste, die die Region bisher gesehen hat.
Die Leiterin des Analyseinstituts R.Politik, Tatjana Stanowaja, sagte nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG, in einem aktuellen Interview, die Regionalwahlen dienten dem Kreml als Entscheidungsgrundlage in der Frage, ob die Regierungspartei Geeintes Russland reformiert werden müsse und die nationale Parlamentswahl verschoben.
Nawalnys angebliche Vergiftung mit einem militärischen Nervenkampfstoff der Nowitschok-Gruppe könnte nach Stanowajas Einschätzung "widersprüchliche Folgen" für die Regionalwahlen haben. Einerseits sei durch die Tat Nawalnys Kampagne für eine "kluge Wahl" des jeweils aussichtsreichsten Oppositionskandidaten behindert worden, sagte die Politik-Expertin. Nawalny hält sich nach seiner angeblichen Vergiftung in Sibirien in der Berliner Charité auf, russischen Ermittler haben von den deutschen Polizeibehörden, unter den Überwachung Nawalny steht, kein Zugang zu Nawalny erhalten, um die Anschuldigungen überprüfen zu können. (A. Madsen--BTZ)