SPD und Grüne wollen Hamburg mit Zukunftsinvestitionen aus Corona-Krise führen
Drei Monate nach der Bürgerschaftswahl in Hamburg haben SPD und Grüne dort ihre Koalitionsgespräche erfolgreich beendet. Die Spitzen beider Parteien stellten am Dienstag ihren Koalitionsvertrag vor, der Investitionen zur Bewältigung der Corona-Krise mit Weichenstellungen bei Zukunftsthemen wie der Verkehrswende verbinden soll. Die Mitglieder von SPD und Grünen sollen in den kommenden Tagen über den Vertrag abstimmen.
Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) soll nach den Planungen der Koalitionsparteien dann am Mittwoch kommender Woche in der Bürgerschaft im Amt bestätigt werden. Rot-Grün regiert in Hamburg bereits seit 2015. Die SPD ging mit Abstand als stärkste Kraft aus der Bürgerschaftswahl vom 23. Februar hervor, die Grünen wurden nach deutlichen Zugewinnen zweitstärkste Partei.
Wegen der Corona-Pandemie und ihren Folgen stünden Hamburg "sehr schwere Jahre" bevor, sagte Tschentscher am Dienstag im Rathaus bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags. Es gehe nun darum, die wirtschaftlichen Grundlagen zu erhalten und durch Investitionen in zentrale Zukunftsbereiche zugleich "neue Impulse" zu setzen, die eine schnellere Erholung von der Krise erlaubten. Dazu gehörten etwa die Sektoren Klimaschutz, Energiewende und Digitalisierung.
Hamburgs Zweite Bürgermeister Katharina Fegebank (Grüne) sprach von einem "gemeinsamen Verständnis" beider Koalitionspartner bei der Krisenbewältigung. Der ohnehin anstehende Strukturwandel der Wirtschaft müsse beschleunigt werden. Sie sei "sehr zufrieden" mit dem Vertrag. SPD und Grüne hätten "auf Augenhöhe" gerungen, lägen aber inhaltlich "nah beieinander". Das gelte etwa für einen "sehr ehrgeizigen" Plan für eine Verkehrswende und forcierten Klimaschutz.
Der Vertrag sieht Investitionen von 25 bis 35 Milliarden Euro in den kommenden 20 Jahren vor, die unter anderem in einen massiven Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, Schulbau, Hafeninfrastruktur und die Entwicklung neuer Stadtteile fließen sollen. Darin sollen auch Konjunkturhilfen des Bundes mitberücksichtigt werden. SPD und Grüne wollten ursprünglich im März mit den Verhandlungen beginnen. Der Start wurde wegen der Corona-Krise aber verschoben.
SPD-Landeschefin Melanie Leonhard sagte am Dienstag, der Vertrag sei aus sozialdemokratischer Sicht etwa mit Blick auf die Sozial- und Gesundheitspolitik "außerordentlich gut verhandelt". Bei den Genossen sollen die Mitglieder am Samstag per Onlineabstimmung darüber entscheiden, ob sie das Verhandlungsergebnis annehmen. Auch die Mitglieder der Grünen müssen noch darüber abstimmen.
Die Neuwahl des Ersten Bürgermeisters ist dann für den 10. Juni vorgesehen. Dann kommt die Bürgerschaft zur nächsten regulären Sitzung zusammen. Rot-Grün verfügt im Landesparlament seit der Wahl vom Februar über eine sehr deutliche Zweidrittelmehrheit.
Die Ressortverteilung im neuen Hamburger Senat wird verändert, die Grünen erhalten aufgrund ihres deutlich besseren Stimmanteils vier statt wie bisher drei Senatoren. Für sie wird eine eigenständige einflussreiche Verkehrsbehörde geschaffen, um die Verkehrswende zu lenken. Bislang gehörte die Verkehrspolitik zum Aufgabenbereich der Wirtschaftsbehörde. Die Grünen stellen wie bisher zudem die Senatoren für Wissenschaft und Gleichstellung, Umwelt sowie Justiz.
Die SPD besetzt neben dem Amt des Ersten Bürgermeisters wie bisher auch die Behörden für Wirtschaft, Soziales, Kultur, Schule, Wohnen und Stadtentwicklung sowie Finanzen. Die ebenfalls von der SPD geführte bisherige Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz wird im Zuge eines Ressortneuzuschnitts aufgespalten. Der Bereich Gesundheit wird an die Sozialbehörde angegliedert und bleibt damit bei der SPD. Der Bereich Verbraucherschutz wird künftig bei der Justizbehörde angesiedelt und fällt damit in grüne Verantwortung.
(H. Müller--BTZ)