EU will auf Chinas Hongkong-Politik nicht mit Sanktionen reagieren
Die EU will auf das umstrittene Sicherheitsgesetz zu Hongkong nicht mit Sanktionen gegen China reagieren. Sanktionen seien nicht der richtige Weg, um Probleme mit Peking zu lösen, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Freitag. Wie Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) sah auch er den EU-China-Gipfel in Leipzig im September nicht gefährdet. China kritisierte unterdessen geplante Beratungen des UN-Sicherheitsrates zu Hongkong auf Druck der USA.
Chinas Nationaler Volkskongress hatte am Donnerstag ein Sicherheitsgesetz zu Hongkong gebilligt, mit dem nach Ansicht von Kritikern die Bürgerrechte in der Sonderverwaltungszone massiv beschnitten werden. Es soll "Abspaltung", "Subversion", "Terrorismus" und die "Gefährdung der nationalen Sicherheit" unter Strafe stellen und den offenen Einsatz der festlandchinesischen Sicherheitsbehörden in Hongkong ermöglichen.
Die EU äußere ihre "ernste Besorgnis" über das chinesische Gesetzesvorhaben für die Sonderverwaltungszone, hieß es in einer Erklärung nach den Beratungen der Außenminister. "Die Beziehungen der EU zu China basieren auf gegenseitigem Respekt und Vertrauen. Diese Entscheidung stellt den Willen Chinas, seinen internationalen Verpflichtungen nachzukommen, weiter in Frage."
Ziel sei es, weiter mit China im Gespräch zu bleiben und "Druck auf die chinesische Regierung auszuüben", sagte Borrell. Ähnlich äußerte sich Bundesaußenminister Maas: "Die Vergangenheit hat gezeigt, dass vor allen Dingen es wichtig ist, einen Dialog mit China zu führen", sagte er. Wenn die EU gegenüber China geschlossen auftrete und sich nicht spalten lasse, könne dies Wirkung zeigen.
Borrell zufolge sprach allerdings ein EU-Land bei der Video-Konferenz der Außenminister die Sanktionsfrage an. Diplomaten zufolge war dies Schweden.
Der US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, warf der EU vor, nur an den Wirtschaftsbeziehungen mit China und nicht an westlichen Werten interessiert zu sein. "Das offizielle Europa macht einen Schritt vom Westen weg - und auf das Geld zu" schrieb er auf Twitter.
China warf den USA unterdessen vor, sie wollten den UN-Sicherheitsrat "als Geisel nehmen". Dieser soll sich am Abend mit dem umstrittenen Sicherheitsgesetz befassen - allerdings nur in informellen Beratungen.
"Der UN-Sicherheitsrat ist kein Werkzeug, das die USA nach ihrem Willen manipulieren können", sagte Außenamtssprecher Zhao Lijan in Peking. Er griff auch die Regierung in London an. China werde "Gegenmaßnahmen" ergreifen, falls Großbritannien tatsächlich Einwohnern Hongkongs erleichterten Zugang zur britischen Staatsbürgerschaft anbieten sollte.
Für Deutschland und die EU kommt der Hongkong-Konflikt zur Unzeit. Die Bundesregierung übernimmt zum 1. Juli den Vorsitz im Rat der EU-Mitgliedstaaten und wollte den China-Gipfel am 14. September zu einem Schwerpunkte machen. Bei dem Treffen in Leipzig strebt die EU ein Investitionsschutzabkommen mit Peking an und will auch eine engere Zusammenarbeit beim Klimaschutz und in Afrika vereinbaren.
Dazu diente auch die schon lange geplante Aussprache der EU-Außenminister am Freitag zur China-Strategie. Borrell betonte danach, die Beziehungen zu Peking ließen sich "nicht in eine Box stecken". Dazu seien diese "zu komplex". Das Land sei unverzichtbar, um etwas gegen den Klimawandel vorzugehen, aber gleichzeitig auch "Systemrivale" und Wettbewerber im Wirtschaftsbereich.
(N. Nilsson--BTZ)