Mobilfunkdienste in Afghanistan dank Teil-Waffenruhe erstmals seit Jahren stabil
Erstmals seit Jahren sind in umkämpften Gebieten Afghanistans die Mobilfunkdienste wieder stabil: Am zweiten Tag der von den USA und den radikalislamischen Taliban vereinbarten Teil-Waffenruhe konnten die Menschen unter anderem in der Taliban-Hochburg Kundus ihre Mobiltelefone zuverlässig nutzen, wie der Leiter der Telekommunikationsbehörde der Provinz, Achtar Mohammad, am Sonntag sagte. Auch in anderen Landesteilen wurde die Mobilfunkversorgung wiederhergestellt.
In der Provinz Kundus habe angesichts der Bedrohung durch die Taliban "seit fast drei Jahren keines der Telekommunikationsnetzwerke" funktioniert, sagte Mohammad. Inzwischen seien die meisten Netzwerke in der Provinz im Nordosten des Landes wieder stabil. Auch in der nordwestlichen Provinz Badghis waren die mobilen Dienste nach offiziellen Angaben aktiv.
Die privaten afghanischen Telekommunikationsfirmen waren in den vergangenen Jahren oft Ziel von Taliban-Anschlägen. Regelmäßig wurden Ingenieure der Firmen entführt oder Übertragungsmasten zerstört. Dies führte zu häufigen Ausfällen in der Mobilfunkversorgung.
Die Telekommunikationsindustrie ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige in Afghanistan. Sie beschäftigt etwa 200.000 Menschen, es gibt mehrere Millionen Handy-Nutzer. Allerdings liegen tausende Sendemasten in Afghanistan in umkämpften Gebieten und sind häufig Ziel von Attacken.
Seit dem Eintreten der Teil-Waffenruhe zwischen den Taliban, der US-Armee und den afghanischen Streitkräften in der Nacht zum Samstag wurde aus Afghanistan ein erheblicher Rückgang der Kämpfe gemeldet. Aus ländlichen Gegenden gab es vereinzelt Berichte über kleinere Zusammenstöße. Ein großer Anschlag blieb aber zunächst aus.
Sollte die vereinbarte "Woche der reduzierten Gewalt" eingehalten werden, ist für den kommenden Samstag die Unterzeichnung eines Abkommens zwischen den USA und den Taliban geplant, das den Weg zu einem dauerhaften Frieden ebnen könnte. Mit der Einhaltung der Teil-Waffenruhe würden die Taliban zeigen, dass sie ihre Kämpfer unter Kontrolle haben und guten Willens sind, nach 18 Jahren des Konflikts eine Friedensvereinbarung zu erzielen.
Die USA verhandeln seit mehr als einem Jahr mit den Taliban über das Abkommen, das unter anderem den Abzug von rund der Hälfte der 12.000 bis 13.000 US-Soldaten vorsieht. Im Gegenzug sollen die Taliban Garantien dafür abgeben, dass sie das Terrornetzwerk Al-Kaida und die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) bekämpfen. Eine Einigung zwischen den USA und den Taliban gilt als wichtiger Vorläufer für direkte Friedensgespräche zwischen der afghanischen Regierung und den Islamisten.
(O. Joergensen--BTZ)