Tausende Anhänger von al-Sadr demonstrieren für US-Truppenabzug aus dem Irak
Tausende Anhänger des einflussreichen Schiitenführers Moktada al-Sadr haben am Freitag in Bagdad einen Abzug der US-Truppen aus dem Irak gefordert. Männer, Frauen und Kinder versammelten sich in der Hauptstadt unweit der Grünen Zone, in der auch die US-Botschaft ihren Sitz hat. Sie schwenkten die irakische Flagge und riefen "Raus, raus mit dem Besatzer" und "Ja zur Souveränität".
Anfang Januar hatte das US-Militär den iranischen General Kassem Soleimani und den irakischem Milizenchef Abu Mehdi al-Muhandis mit einem Drohnenangriff in Bagdad getötet. Nach dem Angriff hatte das irakische Parlament den Abzug aller ausländischen Truppen aus dem Land gefordert, darunter 5200 US-Soldaten. Die Verhandlungen mit der irakischen Regierung über die Zukunft der US-Truppen haben nach Angaben des US-Gesandten James Jeffrey noch nicht begonnen.
Ein Sprecher al-Sadrs las von einem Podium aus eine Erklärung des Schiitenführers vor. Darin forderte dieser den Truppen-Abzug, die Annullierung der Sicherheitsabkommen mit Washington und die Schließung des irakischen Luftraums für US-Militärflugzeuge.
Al-Sadr rief zudem US-Präsident Donald Trump auf, gegenüber irakischen Regierungsvertretern nicht "arrogant" zu sein. Sollten die Forderungen nicht erfüllt werden, würden die USA als ein Land betrachtet, "das dem Irak feindlich gegenübersteht", hieß es in der Erklärung weiter.
Mehrere paramilitärische Gruppierungen, darunter die al-Sadr normalerweise feindlich gesinnte Hasched-al-Schaabi-Milizen, hatten al-Sadrs Aufruf zur Demonstration unterstützt. Kais al-Chasali, ranghoher Kommandeur der Milizen, schrieb bei Twitter an die USA gerichtet: "Die Nachricht des Volkes war deutlich: Entweder sie verlassen das Land freiwillig oder sie werden vertrieben."
Der oberste schiitische Geistliche des Irak, Großayatollah Ali al-Sistani, unterstützte die Kundgebung nicht ausdrücklich. In seiner Predigt am Freitag unterstrich er aber das Recht der Iraker, "friedlich" für die Souveränität des Landes zu demonstrieren.
Die Lage im Irak ist äußerst instabil; seit Anfang Oktober wird das Land angesichts einer schweren sozialen Krise von einer beispiellosen Protestwelle erschüttert. Die Demonstranten werfen den Eliten Korruption und Untätigkeit vor. Seit Beginn der Proteste wurden mehr als 460 Menschen getötet. Die Demonstration am Freitag unterscheidet sich jedoch von den regierungskritischen Protesten, da sie von Al-Sadr ausging.
Der mächtige Schiitenführer hatte nach dem US-Angriff auf Soleimani seine Anti-US-Miliz wieder zum Kampf gerufen. Während der jahrelangen US-Präsenz im Irak war die etwa 60.000 Mann starke Mahdi-Armee von al-Sadr lange der mächtigste Gegner der US-Truppen. Al-Sadr hat zudem großen politischen Einfluss im Irak: Er kontrolliert den Großteil des irakischen Parlaments, mehrere seiner Vertrauten haben zudem Ministerposten inne.
(O. Larsen--BTZ)