CDU-Spitze erwägt Verringerung der Zahl der Wahlkreise
Die CDU erwägt weitreichende Schritte, um eine Reform des Wahlrechts zu ermöglichen: Bei einer Präsidiumssitzung am Samstag in Hamburg zeichnete sich nach Angaben aus Parteikreisen Zustimmung zu dem Vorschlag ab, die Zahl der Wahlkreise zu verringern. Eine Festlegung auf diesen in der Union umstrittenen Schritt gibt es aber noch nicht, wie Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer sagte.
Die Parteien im Bundestag diskutieren derzeit über eine Wahlrechtsreform, mit der die Zahl der Bundestagsabgeordneten begrenzt werden soll. Dafür haben FDP, Linke und Grüne eine Reduzierung der Zahl der Wahlkreise vorgeschlagen. Da die CDU besonders viel direkt gewählte Abgeordnete in den Bundestag entsendet, wäre sie besonders betroffen, wenn es weniger Wahlkreise gäbe.
"Die Fraktionen werden die Gespräche weiterführen", sagte Kramp-Karrenbauer. Parteiintern sieht sie noch Abstimmungsbedarf mit den Landesverbänden. Die Frage der Direktwahlkreise sei für die CDU "eine ganz besondere", weil sie viele direkt gewählte Abgeordnete in den Bundestag entsendet. "Deswegen muss man in dieser Frage sehr sorgsam vorgehen." In der Diskussion sei auch ein abgestuftes Verfahren, bei dem eine Reform über zwei Legislaturperioden umgesetzt wird.
Politisch wäre eine Verringerung der Wahlkreise nicht leicht umzusetzen, weil eine beträchtliche Zahl von Abgeordneten dadurch ihr Mandat verlieren würden. Widerstand kommt besonders aus der CSU. Der CSU-Rechtsexperte Michael Frieser sagte der "Bild am Sonntag": "Wahlkreise zu streichen, schützt uns nicht vor einem großen Bundestag."
Auch der CDU-Innenexperte Axel Fischer sagte, größere Wahlkreise "bedeuten weniger Bürgernähe und entfernen die Bürger weiter von der Politik". In der SPD wird eingewandt, dass ein neuer Zuschnitt der Wahlkreise in der dafür zur Verfügung stehenden Zeit nicht mehr zu bewerkstelligen sei.
"Niemand weiß, was CDU/CSU und SPD beim Wahlrecht wollen", kritisierte Grünen-Parlamentsgeschäftsführerin Britta Haßelmann auf Twitter. "Kaum lässt die CDU den Ansatz von Überlegungen erkennen, sich auf eine notwendige Reduzierung von Wahlkreisen einzulassen, da kassiert die CSU den Vorschlag postwendend wieder ein." Dies sei ein "Trauerspiel".
Eine rasche Einigung der Parteien zur Wahlrechtsreform hatte kürzlich jedoch auch Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) angemahnt. Hintergrund der Debatte ist die Größe des derzeitigen Bundestags, dem 709 Abgeordnete angehören. Gesetzlich vorgesehen sind 598 Parlamentarier.
Grund für den übergroßen Bundestag sind Überhang- und Ausgleichsmandate. Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei mehr Direktkandidaten in den Bundestag bringt, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis eigentlich zustehen würden. Damit die Überhangmandate das Zweitstimmenergebnis nicht verzerren, bekommen die anderen Parteien dafür Ausgleichsmandate. Eine Verringerung der Zahl der Wahlkreise würde diesen Effekt dämpfen.
Eine Gruppe von Unions-Abgeordneten hat stattdessen eine Begrenzung von Ausgleichsmandaten vorgeschlagen - was allerdings bei der derzeit zu erwartenden Stimmenverteilung die übrigen Parteien benachteiligen würde. Diese pochen auf den Grundsatz, dass die Mandatsverteilung dem jeweiligen Anteil der Parteien an den Wählerstimmen entsprechen müsse.
(L. Andersson--BTZ)