Südkoreanische Sekte scheut sich vor Kooperation mit Behörden bei Coronavirus
Sie steht im Zentrum der Coronavirus-Epidemie in Südkorea: Die christliche Sekte Shincheonji Church of Jesus. Ein ranghoher Vertreter der Religionsgemeinschaft, Kim Shin Chang, sagte der Nachrichtenagentur AFP in einem Interview, Stigmatisierung und Diskriminierung wegen ihres Glaubens hinderten viele Mitglieder seiner Gemeinschaft an einer Zusammenarbeit mit den Gesundheitsbehörden.
"Es ist möglich, dass unsere Mitglieder nicht vollständig mit den Behörden zusammenarbeiten", sagte der Direktor für internationale Missionen der Sekte. Der Grund hierfür sei, dass sie befürchteten, ihre Verbindungen zu Shincheonji könnten bekannt werden. "Der gesellschaftliche Hass gegen unsere Mitglieder und die Diskriminierung sind so groß, dass viele fürchten, ihre Jobs zu verlieren oder Sorge vor Konflikten innerhalb der Familie haben, wenn ihr Glaube bekannt wird."
Südkorea ist nach China das am stärksten vom Coronavirus betroffene Land. Am Montag meldeten die Behörden 600 neue Infektionsfälle - damit stieg die Zahl der Fälle auf insgesamt 4300. Die Zahl der Toten stieg auf 26.
Rund 60 Prozent der Fälle stehen im Zusammenhang mit der Sekte: Eine 61-jährige Anhängerin hatte trotz einer fiebrigen Erkrankung mindestens vier Gottesdienste der Glaubensgemeinschaft in der Millionenstadt Daegu besucht, bevor bei ihr das Coronavirus diagnostiziert worden war.
Die Behörden versuchen derzeit, mehr als 266.000 Anhänger der Sekte ausfindig zu machen. Südkoreas Hauptstadt Seoul forderte vor dem Hintergrund der Ausbreitung des Virus sogar strafrechtliche Ermittlungen gegen die Sekte, unter anderem wegen Mordes.
Medienberichten zufolge haben mehr als tausend Menschen mit Verbindungen zu der Sekte jeedoch nicht auf Nachfragen der Behörden reagiert. "Wir fordern unsere Mitglieder auf, den Behörden alles zu sagen", sagte Kim in dem AFP-Interview. Letztlich sei dies aber eine "persönliche Entscheidung".
Shincheonji wurde 1984 von Lee Man Hee gegründet, der den Coronavirus-Ausbruch als "Werk des Teufels" bezeichnet. Der 88-Jährige verspricht seinen Anhängern, der Tag des jüngsten Gerichts werde noch zu seinen Lebzeiten erfolgen und er werde dann 144.000 Menschen mit in den Himmel nehmen. Da es mehr Mitglieder als freie Plätze gebe, liege es "in der Hand Gottes", wer auserwählt werde, sagte Kim.
Der Sekte werden auch Verbindungen zur Politik nachgesagt, was Kim zurückwies. Im Hauptquartier der Organisation in Gwacheon südlich von Seoul sind jedoch Bilder des Gründers mit den Ex-Staatschefs Park Geun Hye und Lee Myung Bak zu sehen. Deren Partei mied bislang Kritik an der Sekte im Zusammenhang mit der Virus-Epidemie.
(K. Berger--BTZ)